Michael Krautzberger Informationen für Studium und Praxis

Sind weitere Änderungen im Städtebaurecht des Bundes zu erwarten?

Ausgangslage

Keine Legislaturperiode des Deutschen Bundestages ohne Novellierung des Städtebaurechts? In der gerade zu Ende gegangenen Legislaturperiofde (2009 bis 2013) kam es gleich zu zwei Novellierungen - der sog. Klimaschutznovelle 2011 (verbunden mit einer Novelle der Planzeichenverordnung) und der sog. Innenentwicklungsnovelle 2013 (verbunden mit einer Novelle der Baunutzungsverordnung). Nach der Vorstellung der Experten aus dem für den Städtebau zuständigen Bundesministeriums (BMVBS) sollten die Novellen ursprünglich als “eine” Gesetzesänderung vorgenommen worden. Die Reaktionen auf “Fukushima” haben dann aber zum Vorziehen der “Klimaschutznovelle” geführt und damit zu zwei jeweils “schmäleren” Novellen, mit jeweils einigen für die Praxis der städtebaulichen  Entwicklung bedeutsamen Änderungen.

Sind in der neuen Legislaturperiode 2013 bis 2017 erneute Novellen des Städtebaurechts zu erwarten?

Die erste Frage sollte sein: Was erwartet die Praxis? Sieht sie Defizite, sieht sie gesetzgeberischen Handlungsbedarf? Die Reaktion der kommunalen Seite - vermittelt durch die kommunalen Spitzenverbände - dürfte ambivalent sein: Im Grunde wünscht sich die Praxis wohl eine Phase der Konsolidierung des oft geänderten Städtebaurechts. Andererseits kommen auf die Praxis neue Herausforderungen zu, die gesetzgeberische Antworten erfordern können.  Aktuelle Forderungen sind nicht bekannt oder doch nicht auf die ersten Seiten der Forderungen der Praxis an den Gesetzgeber gesetzt. Andererseits zeichnen sich in den Diskussionen über die Zukunft der Städte und Gemeinden eine Reihe offener Fragen der Stadtentwicklung ab, die das Recht vor neue Herausforderungen stellt. Das kann zu auch kurzfristigen reaktionen des Gesetzgebers führen - die Erfahrungen um die KIndertageststätten (§ 3 BauNVO) einerseits, die Erschließungsverträge (§§ 11, 124 BauGB) andererseis, die bei der BauGB Novelle 2013 beide maßgeblich den Ruf nach dem Gesetzgeber stützten, bleiben in  Erinnerung.  Zugleich könnte es an der Zeit sein, das Städtbaurecht in der jetzt gewachsenen Struktur in Ruhe und in breiter fachlicher Diskussion zu überdenken: ob es um die absehbaren grundsätzlichen Veränderungen der Siedlungsstrukltur geht oder um die europarechtlichen EInflüsse und Anfoderungen.

Zukunftsaufgaben der Stadtentwicklung

Auf längere Sicht kann sich z.B. zeigen, dass sich die beiden  großen Veränderungen der Gesellschaft auf Grund der demographischen Entwicklung einerseits und den Anpassungen an Klimaschutz und Klimavorsorge andererseits in Veränderungen der Städte und Siedlungen widerspiegeln. Mit punktuellen Maßnahmen wie dem gerade wirksamer ausgestalteten Rückbaugebot (§ 179) BauGB) wird es dann nicht sein Bewenden haben. Die Diskussion über eine  “neue städtebauliche Entwicklungsmaßnahme” ist schon zu vernehmen.

Und wenn die städtebauliche Innenentwicklung das bestimmende Thema der Zukunft ist, muss dann das Zusammenspiel von z.B. umweltrechtlichen Normen und Städtebaurecht neu justiert werden - Beispiel Immissionsschutz?

Politische Vorgaben

Der Deutsche Bundestag hat anlässlich der Verabschiedung der “Innenentwicklungsnovelle 2013” eine Überprüfung der Baunutzugsverordnung insgesamt angemahnt. Die Ergebnisse dieser Prüfungen durch die Bundesregierung sind abzuwarten. Das Deutsche Institut für Urbanistik (DIFU) hat dazu schon seit einiger Zeit die Vorarbeiten aufgenommen.

Vorgaben aus dem EU Recht

Eine Novellierung der europäischen Richtlinie über die Umweltprüfung von Plänen und Programmen steht auf der Tagesordnung. Vorgesehen ist  u.a. eine Erweiterung der Vorprüfung. Wie wird das ggf. national umgesetzt?

Dabei stellt sich bei manchem aufmerksamen Begleiter der Rechtsentwicklung die Frage, ob nicht der Weg der Integration der EU rechtlich gebotenen Umweltanforderungen in die Bauleitplanung (UVP, UP, FFH, Vogelschutz, Habitat-Schutz u.a.) zu einer Überlastung der Bauleitplanung in ihren Grundaufgaben führen kann. Die Rechtsprechung des BVerwG (Urt. v. 18.7.2013 - 4 CN 3.12) zu den Anforderungen an die Bekanntmachung der umweltbezogenen Elemente der Bauleitplanung gegenüber ihren “sonstigen” Inhalten hat manchen Beobachter nachdenklich werden lassen, ob der Weg der “Integration” von Umwelt- und Planungsrecht zukunftsfähig ist.  Aber trägt die Alternative: Abkoppeln der EU rechtlich vorgegebenen Anforderungen von der Bauleitplanung und einfügen in ein spezielles Prüfprogramm, dessen Ergebnisse dann in der Bauleitplanung “abzuarbeiten” sind?

§ 13a BauGB dürfte nach der neueren EuGH Rechtsprechung auf der sicheren Seite sein. Die “Heilungsklauseln” des § 214 Abs. 2a BauGB werden von der nationalen Rechtsprechung i.S. des EuGH bewertet.

Und was kommt von der EU Kommission oder dem EuGH auf Fragen wie die städtebauliche Steuerung des Einzelhandels (§ 11 BauNVO) oder die “Einheimischen Modelle” (§ 11 BauGB) zu?

Das waren nur einige Fragen, die unter Praktikern erörtert werden.

Die Zurückhaltung gegenüber Novellierungen scheint deutlich zu überwiegen.

Die Koalitionsvereinbarung vom 27.11./16.12.2013

Die Koalitionsvereinbarung enthält keine umfassende Reformankündigung.

Aber zur Zulässigkeit von Windkraftanlagen wurde folgendes vereinbart: “Wir werden eine Länderöffnungsklausel in das Baugesetzbuch (BauGB) einfügen, die es ermöglicht, länderspezifische Regeln über Mindestabstände zur Wohnbebauung festzulegen.”