Michael Krautzberger Informationen für Studium und Praxis

Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt

Das BauGB ist erneut geändert worden – und mit ihm die BauNVO. Das „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt“ vom 4. Mai ist am 13. Mai 2017 in Kraft getreten; BGBl. I S. 1057

Das Gesetz ist vor allem durch die Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie 2014/52/EU veranlasst. Außerdem soll die Reform durch die Möglichkeiten einer städtebaulichen Nachverdichtung die Innenentwicklung stärken und das Zusammenleben in der Stadt zugleich am Nachhaltigkeitsgrundsatz ausrichten.

Das gesetzgebungspolitische Motiv der laufenden Legislaturperiode für das Städtebaurecht könnte man nach dieser letzten Novelle vor den Wahlen eines neuen Deutschen Bundestages überschreiben: „Kein Jahr ohne eine Novelle“. Vom Hamburger Flüchtling (2014) über den bayerischen Wind (2015), die gesamtdeutsche Flüchtlingsfrage (2015) bis hin zur Umwelt-und Städtebaupolitik 2017: zu den vorhergehenden Städtebaurechtsnovellen vgl. Krautzberger/Stüer, Städtebaurecht 2004, BauR 2003, 1301; dies., Städtebaurecht 2004 – was hat sich geändert? DVBl 2004, 781; dies., Städtebaurecht 2004 – vom schlichten Wegwägen zum Grundsatz der nachhaltigen Trauerarbeit, DVBl 2014, 914; dies. BauGB: Stärkung der Innenentwicklung, DVBl 2007, 160; Battis/Krautzberger/Mitschang/Reidt, NVwZ 2011, 897; dies., Klimagerechte Stadtentwicklung in den Gemeinden, BauR 2011, 1416; dies., Rückbau- und Entsiegelungsgebot, BauR 2012, 874; dies., BauGB-Novelle 2013, DVBl 2013, 805; dies. Schrottimmobilien, ZfBR 2013, 529; dies., Viel Wind für weniger Windenergie? BauGB 2014, 1403; dies., Demografische Entwicklung, DVBl 2014, 1085; dies., BauGB-Novelle 2014 II, DVBl 2015, 73; dies., Flüchtlingsunterbringung, DVBl 2015, 1545; dies., Anm. zu BayVerfGH, Urt. v. 9.5.2016 – Vf. 14-VII-14 – DVBl 2016, 1259)[^1] Den „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt“ hat die Bundesregierung nach längeren Vorarbeiten – der Referentenentwurf datiert vom Juni 2016 - am 30.11.2016 auf Vorschlag des für den Städtebau innerhalb der Bundesregierung zuständigen Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) beschlossen.

1. Anlass

1.1 Umsetzung UVP- ÄndRL 2014

Unmittelbarer Anlass für das Gesetz war die Umsetzung einer UVP-Richtlinie: Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.04.2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/ EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 124 vom 25.04.2014, S. 1 ff.). Die Änderungen betreffen u.a. die zu prüfenden Umweltfaktoren, die Vorprüfung des Einzelfalls, die Öffentlichkeitsbeteiligung und die Erstellung des UVP-Berichts. Anpassungsbedarf im deutschen Recht bestand damit sowohl im allgemeinen Umweltrecht, hier insbesondere im UVPG, als auch im Baugesetzbuch (BauGB).

1.2 Seveso-III-RL

Die „Seveso-III-RL4 (Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.07.2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates ABl. L 197/1 vom 24.07.2012, S. 1.) wird – durch ein Artikelgesetz und eine Artikelverordnung mit Änderungen vor allem im Immissionsschutzrecht umgesetzt. Flankierend hierzu wurden im BauGB Regelungen getroffen, die es – über den verpflichtenden Umsetzungsbedarf hinaus – ermöglichen, die Gefahren von Störfällen durch differenzierte Festsetzungen zu verringern.

1.3 Urbane Gebiete

In der Baunutzungsverordnung wurde die neue Baugebietskategorie „Urbane Gebiete (MU)“ eingeführt. An der Schnittstelle von Städtebaurecht und Immissionsschutzrecht soll den Kommunen hiermit zur Erleichterung des Bauens in stark verdichteten städtischen Gebieten mehr Flexibilität eingeräumt werden, ohne dabei das grundsätzlich hohe Lärmschutzniveau zu verlassen.

1.4 Nachverdichtung

Zur Erleichterung des Wohnungsbaus kann im nicht beplanten Innenbereich bei Nutzungsänderungen baulicher Anlagen zu Wohnzwecken vom Erfordernis des Einfügens abgesehen werden.

Befristet bis zum 31.12.2019 sollen Bebauungspläne mit einer Grundfläche von weniger als 10.000 Quadratmetern, durch die die Zulässigkeit von Wohnnutzungen auf Flächen begründet wird und die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen, im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden können. Der Plan kann sich sowohl an nicht beplante Innenbereiche nach § 34 BauGB als auch im Bebauungsplan ausgewiesene Innenbereiche nach § 30 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB anschließen.

1.5 Zweitwohnungen

Darüber hinaus wurden zur Behebung von Rechtsunsicherheiten und zur Ausweitung kommunaler Steuerungsmöglichkeiten Regelungen zu Ferienwohnungen und Nebenwohnungen (Zweitwohnungen) in das BauGB und in die Baunutzungsverordnung aufgenommen.